Freitag, 28. Oktober 2011

Das erste Mal zum Fischen in Norwegen

Schönen guten Tach zu Hause an die Bildschirme,

ich bin im schönen Ruhrpott beheimatet, da wo früher die Schornsteine nur so qualmten, wo es ab und zu in verschiedenen Farben regnete und wo man von der Autobahn die Kohlenhalden sehen konnte. Inzwischen: Allet wech ! Dafür haben wir nun viel Grün, viel Wasser und Wald und keine Jobs.

Aber angeln, datt tun wir schon seit der frühesten Jugend. Na ja zumindest der Blinzler Jürgen und ich. Freund Manni musste sich das erst vor zwei Jahren beibringen lassen. Seitdem war er in seinem Rentneralter "spitz wie Lumpi" und zwar auf Fisch. Kein noch so kleiner Fisch war mehr vor ihm sicher. 

Angeln gingen wir hier im Ruhrpott auch und zwar auf mickrige Rotaugen und schleimige Brassen, mit denen man sich jedes Mal die ganzen Klamotten versaute und anschließend mit riesigem Aufwand Fischfrikadellen für die ganze Familie und die hungrigen Mäuler der Nachbarn machte. Wenn man Glück hatte erwischte man auch schon mal einen Stachelritter, an dem man sich beim Abziehen der Haut und Filetieren blutige Flossen einhandelte und sich anschließend fragte, warum das Filet so klein geraten war. Ab und zu an den Forellenpuff am Niederrhein, wo es auch eher muffig schmeckende Fettflössler aus Polen oder sonstigen osteuropäischen Ländern zu erbeuten gab. War zwar nicht der "Burner", wie man heute so sacht, hat aber trotzdem auch Spaß gemacht.

Frustriert von den mickrigen Fängen in heimische Gefilden hatten meine zwei Rentnerfreunde und ich in einer konspirativen Zusammenkunft Ende 2010 heimlich beschlossen einmal zusammen auf große Fahrt zu gehen und zwar da wo es dicke Fische gibt, also Norwegen.

Als wir das zu Hause gebeichtet hatten, ernteten wir wider Erwarten erst begeisterte Zustimmung, wohl weil die Damen mal sturmfreie Bude haben oder ungestört Ihren Hobbys nachgehen wollten. Als dann aber aus der anfangs angedachten Woche gleich 16 Tage wurden, war der Familienfrieden akut gefährdet. Nur mit Engelszungen und einer gehörigen Portion Logik und so Sätzen wie "Man braucht schon mal 4 Tage für An- und Abreise" konnte der Familienfrieden gerettet werden.

Nach vielen Beratungen, Empfehlungen und Preisvergleichen viel unsere Wahl schließlich auf den Anbieter "Angelreisen Hamburg" (www.angelreisen.de). Die Mühe wurde belohnt durch einen netten Kontakt einen attraktiven Preis und umfangreiche Unterlagen zu unserem Reiseziel "Kvalheim Fritidssenter", ungefähr 55 km nördlich von Bergen am Hjeltefjord. Die Anlage war lt. Prospekt relativ neu, super ausgestattet und sah sehr gepflegt aus. Sauna, Bollerofen,  Whirlpool auf der direkt über dem Wasser gebaute Terrasse. Das war perfekt für uns.



Den Winter über wuchs nun kontinuierlich die Vorfreude. Einträge in Angelforen, wie zum Beispiel www.norwegen-angelforum.net wurden gierig aufgesogen, in Ralles Angellädchen in Duisburg (www.angel-hess.de) waren wir Stammgast um uns Tipps für fängige Montagen zu besorgen. So langsam wurde das Equipment besorgt. Kleine Ostseepilker über Ebay, dicke Bleie von 250 G - 1,5 KG, zusätzlich zu der schon vorhandenen Makrelenrute für die Nordsee eine dicke Meeresrute mit Multirolle mit geflochtener Schnur, riesige Haken und große Wirbel für das Naturköderangeln und bis dahin so unbekannte Sachen wie Gummi-Maks. Da wir über Ostern fahren wollten, wussten wir aus diversen Berichten auch, dass wir wegen der Kälte auch so was wie Floatinganzüge brauchten. Das ist so eine Art Arbeitsanzug für Angler mit wärmender Fütterung und Auftrieb, damit man, wenn man beim pieseln über Bord geht, nicht direkt im Fjord versinkt und zum Futter für die Fische wird. Und man braucht auch Gummistiefel, und zwar gefütterte, die mindestens zwei Nummern zu groß sind, weil man darin noch Thermosocken trägt.

Jedes Mal, wenn wir ein neues Teil ergattert hatten, wuchs die Vorfreude und die Tage näherten sich bis zur Abreise. Dabei konnte man sehr wohl auch schon einen kleinen Konkurrenzkampf beobachten, fand man doch ab und zu bei der stolzen Präsentation des angehäuften Equipments versteckte Geheimwaffen, wie den Eiselepilker oder Giant Jigheads für Gummi-Shads, mit denen man dann später vor Ort versuchen wollte den Kollegen in Sachen Fangerfolge auf die Plätze zu verweisen. Auch versuchte man sich gegenseitig damit zu übertrumpfen, Ausrüstungsgegenstände besonders günstig zu erstehen, was, wie wir später noch erfahren sollten, manchmal auch auf Kosten der Qualität ging. Manni ersteigerte, was das Zeug hielt; ich besorgte mir vieles über den guten Ralle, der in seinem Angellädchen schon mal so Sätze wie "Watt willste denn damit, viel zu teuer" oder "der Chinakram taugt nix" vom Stapel ließ. Blinzler Jürgen staubte das Gros seiner Ausrüstung bei Anglern ab, die ihr Hobby aufgrund des hohen Alters aufgegeben hatten. Der Kerl bekam tatsächlich alles geschenkt.

Aus der Metro wurden noch Styroporkästen und Panzerband besorgt, damit wir unseren Fang auch sicher mit nach Hause bringen konnten. Und natürlich musste man sich auch über die aktuellen Einreisebestimmungen für Norwegen erkundigen. Norwegen ist zwar dem Schengener Abkommen beigetreten, aber gehört nicht zur EU. Das heißt Reisepass und Zollkontrolle. Bei der Einreise darf man nur 5 Liter Bier, keine Kartoffeln und bei der Ausreise nicht mehr als 15 KG Fischfilet mitbringen. Das mit den 5 Litern war für uns hart. Wir planten insgesamt 12 Tage vor Ort zu verbringen, da würde der Vorrat schnell aufgebraucht sein, bei 3 - 4 Euro für eine Dose Bier die Urlaubskasse dann wohl auch schnell. Von vielen erfahrenen Norwegenfahrern aus dem Angelverein und dem Bekanntenkreis erfuhren wir aber, dass alle mehr mitnahmen als erlaubt war, und zwar mehr Bier bei der Einreise und mehr Fisch bei der Ausreise. Alles potentielle Schmuggler, die nie kontrolliert und immer nur durch gewunken worden sind. Also haben wir da mal schnell drauf reagiert und in Venlo für jeden 11 Liter Krombacher Pils in Dosen ohne Pfand besorgt. 

So brachen wir dann eine Woche vor Ostern mitten in der Nacht auf. Aus dem dunklen Ruhrpott ging es nun erst einmal nach Hirtshals in Dänemark, von dort mit der Fähre ab 13:00 Uhr über Nacht nach Bergen. Ankunft in Bergen am nächsten Tag um 8:30 Uhr und dann ungefähr noch eine Autostunde bis zu unserem Ziel.



Die Stimmung war gut und als wir in Hirtshals auf der riesigen Fähre eingecheckt hatten fing der Urlaub schon an. Selbst das erste Bier - 0,3 l für 5,50 € - konnte unsere Euphorie nicht bremsen. Nach dem dritten Bier war uns der Preis scheißegal und wir bekamen Hunger. Nun ist die norwegische Gastronomie auf der Fähre nicht die preiswerteste. Es gab ein einheimisches Restaurant, eine Pizzeria und ein Schnellrestaurant. Beim Italiener gab es kleine Pizzen von 20 cm Durchmesser für umgerechnet 20,00 Euro, beim Schnellimbiss unwahrscheinlich schlecht riechendes Ungenießbares für 7,50 Euro und im einheimischen Restaurant wurde man schnell 80,00 Euro nur für's Essen los. Blinzler Jürgen und ich haben uns dann alternativ Kiloweise mit zollfreiem englischen Weingummi eingedeckt, das prima zum teuren Bier schmeckte. Leider verklumpte das Zeug im Magen, was natürlich zu Verdauungsstörungen führen musste und wie sich das in der Nacht in einer Gemeinschaftskabine mit Etagenbetten auswirkt, kann man sich lebhaft vorstellen.



Am nächsten Tag morgens um 8:30 Uhr Ankunft in Bergen. Quälend lange bis wir von dem Dampfer kommen, lange Schlangen vor dem Zoll. Heute war wohl Ausbildung für Jungzöllner oder Terroristenalarm. Da hatten wir genügend Zeit uns über unser "Alkoholproblem" zu unterhalten. Watt nu ? Zugeben, dass wir zu viel dabei haben, oder schmuggeln? Da wir alle eine ehrliche Haut unser eigen nennen, gab es einstimmig die Meinung: nachverzollen. Also dem streng blickenden Zöllner lächelnd zu verstehen gegeben, dass wir 8 Liter statt 5 pro Nase an Bord hatten. Wir haben dann schlappe 35 Euro nachgelöhnt. In Manni kochte es, aber er blieb freundlich. Die lächelnden Typen mit dem VW-Bus, die sich davor auf der Fähre damit gebrüstet hatten noch nie kontrolliert worden zu sein, standen einfahrtbereit mit grimmig bleichen Gesichtern vor eine Garage, in denen später die ganze Karre auseinander genommen wurde. Bier futsch und 300 Euro Strafe war das Fazit für die Kollegen. Alles richtig gemacht, sagten wir uns und machten uns auf den Weg. Also ihr Angler: Immer schön ehrlich bleiben; Norwegen ist nun mal teuer, aber auch schön.

Bei der Ankunft in Bergen nieselte es; der viel gepriesene Markt, von dem wir gehört hatten, bestand aus drei kleinen Buden. Weit und breit keine Marktatmosphäre, also kauften wir 1 Kilo Reker (Garnelen) und machten uns auf den Weg. Auf dem Parkplatz standen einige Passanten um unseren Kombi und bewunderten die innovative Packweise. Die Karre war vollgepackt bis obenhin. Man konnte meinen Zigeuner wären auf dem Weg von ihrem Sommer- ins Winterquartier. Unter den verwunderten Blicken der Anwesenden verschwanden wir Richtung Kvalheim.

Die Ankunft in Kvalheim stimmte uns heiter. Zwar war das Wetter weiterhin nicht das Beste, aber die Unterkunft hielt, was das Prospekt versprochen hatte.



Super Sahne, hier konnte man es aushalten. Die Quartiere wurden eingeteilt, ein Bier getrunken und dann gab es eine Kurzeinweisung für das Motorboot.




1. Angeltag - 15:30 Uhr
Insgesamt 179 Jahre, ein künstliches Kniegelenk und jede Menge falsche Zähne
stürmten verkleidet wie die Michelinmännchen aus der Werbung direkt auf den Heltjefjord. Da es recht stürmisch war tuckerten wir erst einmal durch einen ruhigeren Seitenarm, der sich rechts vom Hafen erstreckte. An Bord gab es auch ein leicht zu bedienendes Echolot mit GPS, das permanent irgendwelche Fische anzeigte. Also gehalten, Leerlauf und Pilker runter und gepumpt wie blöde. Nach 20 Minuten gewechselt, nächste Stelle abgefahren und ? Nix ! Noch 2 Stunden hin und her getuckert und dann tatsächlich: Blinzler Jürgen fing mit seinem 15 cm langen, 250 Gramm schweren Pilker einen 30 cm langen Schellfisch. Na ja, nicht der "Burner", aber der Anfang war gemacht. Der Fisch durfte schweren Herzens wieder in sein Element. Mit der Erkenntnis, dass Floatinganzüge trotz widrigen Wetters warm halten und angeln in Norwegen doch nicht so einfach ist, kehrten wir in unsere wunderschöne Unterkunft zurück. 


2. Angeltag
Klare Verhältnisse: Manni ist Kapitän und fährt. Der Kapitän ist für die Tiefenkarte und Navigation zuständig. Die anderen dürfen beim An- und Ablegen helfen und sorgen für die Verpflegung an Bord. Es hält sich hartnäckig die uns eingebleute Meinung, dass 3 Stunden vor Hochwasser und 3 Stunden nach Hochwasser der Fisch am besten beißt. Manni meint sogar, ansonsten braucht man gar nicht rausfahren. Da geht mal garnix. Trotzdem acht Stunden ziellos rumgetuckert, immer mal wieder gehalten, Pilker gebadet, Wetter nach wie vor lausig, Regen, viel Wind, kein Biss. Habe meinen ganzen Kasten durchprobiert, alle Pilker und Gummifische. Positiv: Kein  Futtsack, keine Hänger, kein Materialverlust. Alle Schneider ! Abends aus Frust die restlichen Biere rein gekippt, darüber schon wieder ein wenig euphorisch geworden und neue fängige Montagen gebaut.


3. Angeltag
Früh aufgestanden. Diesmal aus dem Hafen raus links, die andere Strecke immer am Ufer entlang. Nix gefangen. Gegen 14:30 Uhr Lagerkoller und Fahrerwechsel. Manni hat die Schnauze voll. Ist gereizt, weil nix geht. "Icke" darf nun fahren und halte so gegen 15:30 zum letzten Stopp. Pilker runter, 300 Gramm in rot und da bleibe ich irgendwo hängen. Meine Aufforderung mit dem Gaff zu helfen wird von den Kollegen lächelnd ignoriert. Da ist bestimmt ein Telefonkabel dran. 5 Minuten später liegt das Telefonkabel zappelnd im Boot. Der erste Seelachs - 68 cm. Ich bin stolz wie Oskar. Mit verbissenen Gesichtern wird nun gepilkt,was das Zeug hält und tatsächlich lande ich noch einen 50 cm großen Köhler. Manni ist sauer, weil er nix gefangen hat und schreit mich an, dass er nicht 8 Stunden am Tag angeln kann und das sagt der, der sonst vor dem Sonnenaufgang bis nach dem Sonnenuntergang am See sitzt. Blinzler Jürgen ist da lockerer: "Haben wir eigentlich noch Bier ?" Da wir nicht sicher sind, fahren wir rein.

Zu allem Überfluss sind den beiden Kollegen heute noch die Floatinganzüge geradezu "vom Arsch geplatzt". Und zwar nicht, weil sie in den paar Tagen so fett geworden sind, sondern weil sie diese supergünstig über's Internet erworben haben. War wohl sowieso einen Nummer zu klein, weil die vielleicht aus Asien kamen, aber nun gibt es deswegen erst mal einen nassen Hintern. Nach der Reparatur mit Panzerband sehen die beiden aus, wie 2 Landstreicher und ich bin froh, dass hier nicht so viel los ist.



Heute gibt es also den ersten Fisch aus der Pfanne. Im Schlachtraum, den wir sonst noch nicht betreten haben, treffen wir unsere Nachbarn Acki und Patty aus dem Camp. Die beiden sind Vater und Sohn, kommen aus Hessen, wohnen nun im Allgäu und haben die schwarze Wanne halb voll mit Köhlern. Die meisten haben sie direkt vor der Hafeneinfahrt an einer weißen Boje gefangen. Acki, der Vater von Patty ist überschäumend lebenslustig und immer auf 180, babbelt ohne Ende und gibt uns andauernd Tipps. Der quasselt einem das Ohr blutig, meint Manni. Manni kann es nicht haben, wenn man ihm Tipps gibt, die sich belehrend anhören. Dann kommen die Ossis. Auch unheimlich nett. Wir taufen sie Angelsachsen. Die waren auf der gegenüberliegende Seite des Fjordes und haben die Wanne halb voll mit mittleren und kleinen Dorschen. Wir fühlen uns verarscht. Irgendetwas machen wir falsch. Also wird gefragt und gefachsimpelt. Mit einigen guten Tipps gibt es abends endlich Fisch und ein paar Bierchen dazu. Der Vorrat neigt sich bedenklich dem Ende zu.


4. Angeltag
Diesmal startet die Rentercombo früh am Tag. 7:30 Uhr wird abgelegt. Nach 15 Minuten merken wir: Karte vergessen. Manni ist wieder Kapitän. Das fängt ja gut an. Lieber nix sagen, sonst versenkt der das Boot an einem Felsen. Die Stimmung ist mies, aber das Wetter wird etwas besser. Zumindest regnet es nicht mehr. Heute wollen wir an die Stellen fahren, die uns gestern genannt wurden. Ganz rüber auf die andere Seite wollten wir aber wegen der kabbeligen See heute nicht.



An der weißen Boje treffen wir Vater und Sohn  aus dem Allgäu. Das Geschrei von Acki übertönt das Meeresrauschen und das Gekreische der Möwen. Er rudert mit den Armen, wie ein Ertrinkender:"Hiiiieeeeer, hierher, alles voller Fisch !" Die beiden ziehen einen Fisch nach dem anderen ins Boot. Manni gibt Gas. Den Fisch vor Augen verzerrt sich sein Gesicht zur Fratze. "Jetzt endlich, jetzt sind wir dran." Er fährt so schnell, dass Blinzler Jürgen der vorne im Bug sitzt fast über Bord katapultiert wird. "Eeh langsamer", schreit er und hält sich krampfhaft fest. Manni ist wie besessen, der Gashebel bis zum Anschlag nach vorn schießt unser Boot über die Gischt, der Tacho zeigt 55 kmh und endlich erreichen wir die beiden Wahlallgäuer.



Sofort wird hektisch beigedreht der Motor abgewürgt und zur Angel gegriffen. Manni wirkt etwas hilflos: "Hat jemand meine Angel gesehen oder woanders hingelegt ?" Blinzler Jürgen und ich sehen uns entgeistert an: Jetzt bloß nichts Falsches sagen. Der flippt aus. "Nee, nix angepackt, wir mussten uns ja festhalten." Das Gesicht von Manni verfärbt sich rot: "Schwimmt so 'ne Angel eigentlich ?" Nun ist es vorbei mit der Beherrschung. Blinzler Jürgen und ich krümmen uns vor Lachen, die Tränen strömen nur so über unsere Wangen und Manni ist nun krebsrot, kocht innerlich, bleibt aber still. Manni bekommt meine Ersatzangel, wir montieren Makrelenpaternoster mit 250 G Blei am unteren Ende und schon beim Ablassen rappelt es in der Rute. Schlag auf Schlag werden nun Köhler angelandet, alle so zwischen 40 und 50 cm lang. Endlich ! Am Ende des Tages ist die Wanne mehr als halbvoll.



Abends gibt es Fisch und Salat aus Gurken, 2,50 Euro das Stück, zu essen.


5. Angeltag
Kaiserwetter. Blauer Himmel, ruhige See. Heute wieder früh raus.



Inzwischen ist es uns egal, ob es Ebbe oder Flut ist. Die Mär, dass die Fische kurz vor und kurz nachdem das Wasser seinen Höchststand erreicht, am besten beißen, ist in unseren Augen eindeutig widerlegt. Heute fahren wir auf die andere Seite zum Dorschangeln. Die Angelsachsen fahren voraus und wir hinterher. Eine halbe Stunde später ist es soweit. Die netten Ossis halten und lassen ihre Montagen ab. Auch wir fangen sofort an. Montage: Gummi-Maks in rot und orange, mittlerer Größe im Abstand von 1 Meter an einem 3 Meter langen monofilen Vorfach der Stärke 80mm geknüpft und darunter, wegen der starken Drift, unsere schwersten Pilker zwischen 500 und 700 Gramm. Nach weiteren 20 Minuten liegen ungefähr 60 Euro auf dem Meeresgrund. Während die Ossis einen Fisch nach dem anderen ins Boot zerren, haben wir Futtsack, Manni und Blinzler Jürgen hängen zusammen, weil sie nicht abwarten konnten, bis das Boot steht, dadurch haben sie sich total verheddert. Mein schwerster und teuerster Pilker liegt auf dem Meeresgrund. Hänger abgeschnitten, nächster Pilker, Hänger und so weiter. Nach weiteren 20 Minuten sind fast alle Pilker der Crew aus den Kisten entschwunden und wir ändern unsere Montage, indem wir unten ans Vorfach dicke Bleie von 500 - 900 Gramm hängen. Bis auf den Grund absinken lassen und heben und senken. Nun geht es Schlag auf Schlag. Manchmal hängen 3 Dorsche auf einmal an der Leine. Wenn nach 10 Minuten nix beißt, immer wieder zum Ausgangspunkt zurück. Klappt nun ganz prima, weil das GPS eine Funktion hat, mit der man Wegpunkte markieren kann. Außerdem zeichnet es auch den Kurs des Bootes mit einer Linie auf.




Dorsch um Dorsch wird hochgezogen. Alle natürlich ordnungsgemäß betäubt und mit Herzstich getötet. Die persönliche Mindestgröße legen wir nun auf 50 cm fest. Die Kleinen sollen noch wachsen.






Um 14:00 Uhr machen wir Schluss. Die Wanne ist voll und wir wollen noch das schöne Wetter auf der Terrasse genießen. Und geschlachtet müssen die Fische ja auch noch werden. Ein Supertag. Heute gibt es Dorsch. Dazu kleine Kartoffeln, selbstgemachte Sauce Bernaise aus dem Wasserbad und leckeren Blattsalat mit Orangen-Balsamico-Vinaigrette vom gemütlichen Bayern Schuhbeck.




6. - 7. Angeltag
Immer wieder Kaiserwetter.



Wir fingen weiter super, auf der anderen Seite des Fjordes nun auch Leng und Lumb von ca. 60-70 cm, Schellfisch und jede Menge Dorsch, die größten so um die 90 cm. An Tag acht hatten wir mal wieder Lust auf Seelachs. Acki und Patty waren inzwischen abgereist. Dümpelten also den ganzen Tag um die weiße Boje und um den Leuchtturm direkt an der Hafenausfahrt herum. In Tiefen bis 40 Meter fingen wir einige Seelachse, alle so zwischen 40 und 50 cm.



Hiobsbotschaft am 7. Angeltag. In Norwegen ist Gründonnerstag schon Feiertag. Abends wollten wir Bier kaufen gehen, der Markt war zu. Aus lauter Frust zur Tankstelle in der Hoffnung, dass die was haben. Aber im Gegensatz zu Deutschland gibt's dort kein Alkohol zu kaufen. Die nette Verkäuferin schickt uns aber in den Nachbarort, wo ein Shop auch feiertags geöffnet hat. Das war auch so, aber feiertags darf dort in den Shops kein Alkohol verkauft werden. Trotz Superfang - abends Trübsal geblasen. Man glaubt kaum, wie wir die restlichen 3 Bierdosen genossen haben.




8. Angeltag
Am Abend des achten Tages gehen wir mit der zu dreiviertel gefüllten Wanne in den Schlachtraum, um den Fang zu versorgen. Haben auch noch ein paar mittlere Dorsche gefangen. Im Schlachtraum stehen neue Gäste, die einen in unseren Augen unglaublich großen Fisch, der sich als Pollack entpuppt, versorgen. Die Typen, die alle blaue Anzüge mit gelben Streifen tragen, sind die Vertreter von 3 Generationen einer Familie aus Magdeburg. Großvater, Sohn und der 20 jährige Enkel haben 3 von diesen Kaventsmännern gefangen und sind gerade mal eine Stunde draußen gewesen. Die Angelsachsen stehen staunend dabei: " Habt ihr Netze ausgelegt ?". Die netten Magdeburger erklären uns, dass die dicken Dinger tiefer als 40 Meter stehen. Die "Aralisten", wie wir sie ab da, wegen ihrer blauen Anzüge nennen, angeln mit leichten Spinnruten mit Wurfgewicht von 60 - 80 Gramm und schmalen Speedpilkern. Alle Tipps werden eifrig aufgesogen. Abends werden die Montagen vorbereitet. Speedpilker haben wir leider nicht. Durch den hohen Verlust an Pilkern an den ersten Dorschtagen waren wir gezwungen, unser Material im Shop an der Anlage und im Supermarkt nachzubessern. Große blaue Pilker mit Gewichten von 400 - 700 Gramm, sündhaft teuer, liegen nun noch unbenutzt in unseren Kisten. Die wollen wir nun morgen ausprobieren. Manni und auch Blinzler Jürgen meinen, dass wir solch große Fische wohl nicht fangen. Erstens haben wir keine Speedpilker und zweitens keine Ahnung. "Ja und außerdem keine blauen Anzüge" rutscht es mir raus. Mir ist das egal, womit die angeln. Ich bin fest davon überzeugt, morgen meinen ersten richtig dicken Fisch zu fangen. Bier ist alle, wir trinken Wasser, da heute Karfreitag ist. Morgen gibt es neuen Biervorrat. Am Abend angeln neu angekommene Russen vom Steg aus auf Hering und fangen auch etwas.

9. Angeltag
Kaiserwetter. Um 8:00 Uhr raus zum Leuchtturm. In einer imaginären Verbindung von Leuchtturm und einer auf einer Untiefe platzierten Stange, stelle ich das Boot auf ein Unterwasserplateau von ungefähr 18-20 Meter Tiefe. Die Drift müsste uns dann laut Unterwasserkarte in Tiefen bis hundert Meter treiben.
Die Aralisten kommen uns entgegen und zeigen uns im Vorbeifahren einen Fisch, bei dessen Anblick uns der Kitt aus der Brille fällt. Wieder Pollack, so ungefähr 1,30 Meter. Nun wird gepilkt, ich optimistisch, die beiden anderen eher skeptisch. Inzwischen werde ich als Kapitän akzeptiert. Bin auch ein bisschen stolz, dass das mit dem Platzieren auf den Untiefen und der Einschätzung der Drift bisher so gut geklappt hat. Immer auf den Unterwasserberg und dann mit der Drift ins Tiefe treiben lassen.


Dabei immer wieder den Pilker oder das Paternoster bis auf den Grund lassen und wieder hochkurbeln. Wir hatten jeden Tag gute Fänge zu verzeichnen. So treiben wir dahin. Manni angelt weiter mit meiner Ersatzrute, die er locker in der Hand hält. Auf einmal wurde sie ihm fast aus der Hand gerissen, krümmt sich, wie noch nie zuvor. Manni ist so verdutzt, dass er fast über Bord geht. Steht auf, trampelt aufgeregt umher und tritt auf die Spitze seiner Spinnrute. Schon wieder was kaputt. Er hat aber keine Zeit sich darüber zu ärgern. Nach 15 Minuten sehen wir den Fisch, für den wir nun aber wirklich ein Gaff benötigen. Der erste Pollack ca. 1,15 Meter lang, mit dicken Augen und mit aus dem Maul hervorquellenden Magen. Der Bann ist gebrochen.



Bis zum Nachmittag erbeuten wir insgesamt noch 6 Pollacks, alle über 1 Meter und noch 9 Seelachse, alle zwischen 75 und 95 cm und etliche Halbstarke unter 50 cm, die wir wieder freilassen. Das wäre uns an den ersten Tagen nie passiert. 




Alle beißen auf die blauen Pilker. Hat wohl was damit zu tun, dass die Heringe nun in den Fjord gezogen sind. Die machen so ein Wahnsinnsterror an der Angel, dass Manni um 14:15 Uhr schweißüberströmt sagt: "Ich kann nicht mehr, ich hör auf".


Da wir noch Bier kaufen wollen, und zwar viel, machen wir uns auf den Weg, versorgen den Fang und fahren gemütlich in den kleinen Shop im Dorf, um endlich Biervorräte anzulegen. Wir packen uns den Einkaufswagen voll mit eiskalten Dosen. Nur nicht zu wenig mitnehmen, egal was es kostet. Der Preis liegt bei ca. 3,50 Euro für eine 0,5L Dose Tuborg. Heute werden wir wohl zur Feier des Tages mehr als die üblichen 2 Dosen trinken. An der Kasse warten wir bis wir dran sind. Der freundliche Norweger, den wir nach seine Äußerung zum Teufel wünschten, erklärte uns im besten Oxfordenglish, dass es zwischen Feiertagen nach 16:00 Uhr gesetzmäßig verboten ist, Alkohol zu verkaufen. Bang, das hatte gesessen !  Heute Samstag kein Bier, morgen am Sonntag und auch am Montag - Feiertag - also auch kein Bier. Das übertraf unsere Vorstellungskraft. Über alle Maßen sauer, machten wir uns wie begossene Pudel auf den Weg. "So eine Sauerei, Scheiß Norwegen, ewig diese staatliche Bevormundung, lächerlich !"

Der Abend war im Eimer. Angekommen in unserem Camp, haben wir noch die restlichen Wannen mit den Fischabfällen aus dem Schlachtraum geholt und wollten sie im Meer verklappen, als uns ein freundlicher Lette fragte, warum wir so grimmig dreinblickten. Ob wir nicht gut gefangen hätten. Wir erklärten unsere Misere und dann das Wunder. "Ihr könnt Bier von uns haben. Wir sind mit 15 Leuten heute angereist, wir haben genug. Gebt uns das Bier wieder, wenn ihr wieder einkaufen könnt." Super, ich glaub ich werd schwul, wir wollten den Letten knutschen, aber der lehnte dankbar ab. Eine Stunde später machten wir uns über das eiskalte 5 Liter Fässchen Krombacher her. Super, ein Hoch auf die Letten. Das ist Europa !


10. - 14. Angeltag
Jeden Tag nur noch auf Pollak und Köhler. Wir wollen nur noch große Fische. Erstens haben wir die vor der Tür, direkt an der Hafenausfahrt am Leuchtturm und zweitens macht es riesig Spaß, auch mal an der Spinnrute so eine Rakete zu drillen.



Dort am Leuchtturm fingen wir auch noch große Schellfische über 70 cm, etliche mittlere Seelachse, die wir nun aber alle wieder frei ließen. Wir stimmen alle überein: Das waren die bisher schönsten Angeltage unseres Lebens. Die Gefriertruhe war voll. Jeder hatte seine 15 KG für zu Hause und wir haben jeden Tag Fisch gegessen.





Am Ende mussten wir sogar noch einen Teil verschenken.

Fazit:

Norwegen ist zum Angeln super.

Man sollte nicht schmuggeln, da neben dem leckeren Bier dann auch noch jede Menge Kohle futsch ist.

Auf Dorsch immer nur mit Gummi-Maks mit einem Blei am unteren Ende des Vorfachs, ggf. unter noch einen Beifänger einhängen, nie mehr mit Pilker. Ist günstiger als sich das ganze Equipment in Norwegen neu kaufen zu müssen.

Seelachs, Pollack, Schellfisch, Leng und Lumb schmecken auch super und machen ordentlich Dampf an der Angel. Der Dorsch ist dagegen sehr langweilig.

Am besten Boot mit Echolot und GPS. Fishfinder ignorieren. Sucht die Unterwasserberge, je mehr Gewässerschichten drum herum, umso besser. Hotspots sind immer Kanten, an denen es große Höhenuterschiede gibt. Also zum Beispiel Tiefen von 50 Meter direkt übergehend auf 80 Meter. Dort stehen die großen Räuber. Pollack, Köhler, Schelli, etc. warten da auf Eure Pilker. Stellt Euch mit dem Boot auf die Untiefen, fangt bei Tiefen von ca. 15-20 Meter an und laßt Euch ins Tiefe treiben. Dabei den Pilker immer wieder bis zum Grund absinken lassen und schnell hochkurbeln.

Wenn Heringe da sind, haben wir fast nur mit blauen Pilkern gefangen, aber das kann auch Zufall sein, weil wir nachher fast keine anderen mehr ausprobiert haben.

Petri Heil - Forever Norge !

1 Kommentar:

  1. Sehr schöner Bericht, habe ihn mit ein schmunzeln gelesen. Sind dieses Jahr auch in dieser Anlage, schauen wir mal ob wir auch so schöne Fische fangen können. Petri Heil

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